Homeschooling und Homeoffice lässt sich nicht überall gleich gut etablieren. Abhängig von der Arbeitswilligkeit des Kindes kann es zumal eine riesen Herausforderung sein. Aufgaben der Lehrer trudeln unablässig ins Postfach und zwar nicht in das Postfach des Kindes, sonder in das der Eltern. Wenn wir ehrlich sind, eigentlich in das Postfach der Mütter. Neben Haushalt, Arbeit, Schule und Kids sind diese in Zeiten von Homeschooling am Rande ihrer Kräfte angelangt. Wie aber kommt es, das es bei den einen ganz gut funktioniert und bei den anderen eine echte Herausforderung ist?
Blinder Aktivismus der Lehrer
Die LehrerInnen müssen sich auch erst an diese Doppelbelastung gewöhnen. Sie versuchen alles, was normalerweise in der Schule stattfinden sollte an die Schülerinnen zuhause abzugeben. So einfach aber funktioniert das nicht. Auch wenn es einige Kinder gibt, die anscheinend gern von zuhause arbeiten, gibt es andere die es eben nicht tun.
Man könnte meinen, hochbegabte Kinder wollen gern und viel und schnell arbeiten. Tun sie auch. Aber am liebsten die Aufgaben, die auch einen Sinn ergeben.
So kann es sein, das Ihr Kind im Radio gehört hat, es hätte Corona Ferien und sich dann darauf beruft und wirklich gar nichts tut. Sind ja Ferien.
Es kann sein, das Ihr Kind die Aufgaben die es zuhause erledigen sollte zwar ganz ok findet, aber gar keinen Sinn darin sieht sie zu erledigen, denn in Zeiten von Corona sind doch ganz andere Dinge wichtig. Hat ja auch recht damit.
So kann es sein, das wir zuhause sitzen, die Aufgaben der Lehrerin übernommen haben und trotzdem einfach nicht vorankommen. In keinster Weise.
Hinzu können Schwierigkeiten kommen wie:
- keinen eigenen Schreibtisch oder kein eigenes Zimmer
- keinen eigenen E-Mail Account ( wie wohl viele Kinder es nicht haben!)
- keinen eigenen PC (ebenso siehe oben, auch hier läuft dann die meiste Arbeit über die Mütter)
- Zoom Meetings die alle gleichzeitig stattfinden sollen
- kaum bis kein Verständnis von Seiten der Schule /LehrerInnen für die Situation zuhause
- die Eltern müssen ebenso wie die SchülerInnen ihr Pensum an Arbeit von zuhause erledigen
- Aufgabenstellung die ohne Unterstützung der Eltern gar nicht funktioniert (PC fehlt, Scanner, Drucker & Co als Beschäftigungsmaßnahme für die Eltern)
Was ist wichtiger?
Die Frage ist, was ist wichtiger, alle Aufgaben zu erledigen oder gesunde Kinder, frische Luft, eine gesunde Mahlzeit und ganz viel Zeit für die Familie zu haben. Den ganzen Tag die Kinder animieren zu müssen das sie endlich die Aufgaben erledigen, ihre Spielsachen ebenso wie kleinere , spielende Geschwister ignorieren sollen, weil Mathe und Deutsch nun an der Tagesordnung im Spielzimmer sind.
Sicher ist es sinnvoll, eine Mischung aus beidem hinzubekommen. Aber es wird Tage geben, das ist es einfach nicht machbar.
Unabhängig von der Begabung des Kindes kann es schwer sein, das Kind zu animieren. Hochbegabte Kinder und ihre Eltern haben aber oft schon eine lange und steinige Schullaufbahn hinter sich, daher stehen wir oft vor ganz anderen Schwierigkeiten als andere Eltern.
Stell Dir mal vor. Das Kind hat die letzten Jahre immer wieder “Schwierigkeiten” in der Schule gehabt. Mal mehr, meist weniger gut mitgemacht. Die Schule nicht geliebt, eher gehaßt. Die Aufgaben boykottiert und blockiert wenn wieder einmal Druck von oben kam. Für Kind und Eltern eine fordernde Situation. Lange Abende mit noch längeren E-Mails an Schule, Lehrer, Psychologen und Co. Einiges half, das meiste nicht. Aber es war gerade besser.Das Kind ging wieder gern zur Schule, machte sogar mit. Beteiligte sich am Unterricht. Und dann kam Corona. Homeschooling as it`s best. Kein Durchkommen mehr zum Kind, das Aufrechterhalten des Vertrauensverhältnis zum Lehrer auf Distanz kaum möglich. Keine Erledigung der Aufgaben, es sei denn ein Elternteil sitzt 5 Stunden am Stück neben dem Kind und animiert es. Das Muttersein plötzlich wieder mit Druck, Wut und Verzweiflung gepaart. Und dann noch nicht mal 5 Minuten am Tag Zeit. Zeit für sich.
Konferenzen und Co
Ein möglicher Tagesablauf im Rahmen des Homeschooling:
- Aufstehen um 8:00 (super, immerhin sind alle ausgeschlafen)
- die Kinder von den Spielsachen weglocken zum Frühstück
- die Kinder zum Homeschooling animieren
- nebenbei selbst schnell den Haushalt machen, die erste Waschmaschine starten, die erste Spülmaschine anstellen
- den eigenen PC und die Arbeit starten
- nebenbei den Kindern helfen, E-Mails der Kinder ausdrucken, neue Aufgaben verteilen, bearbeitete Aufgaben Einscannen, an die Lehrerin zurückschicken
- die Geschwisterkinder zum ruhig spielen animieren
- die Homeschooling Kinder zum nicht ablenken lassen animieren
- selbst kurz arbeiten
- Mittag kochen
- mit den Kindern die Aufgaben sortieren, einheften, ablegen, überprüfen was gemacht wurde, ob Fehler dabei sind usw.
- dann ein Zoom Meeting Kind 1, danach Kind 2, danach ein Elternteil, manchmal sogar alle gleichzeitig
- merken, das Video Meetings der Kinder nicht wirklich viel bringen. Viele Kinder machen gut mit, einige sitzen nur da und schauen zu. Kommen ca 10 Mal innerhalb des Meetings um mitzuteilen, das das Meeting langweilig ist
- Kinder ruhig beschäftigen, damit der andere Elternteil arbeiten kann, schön ist ein Streit der Geschwister während des Video Calls des Vaters aus einem der Kinderzimmer, doof nur, das ich nicht jedes Kind in sein Zimmer schicken kann….
- zwischendurch immer wieder zusammenreißen, selbst schnell arbeiten, Wäsche aufhängen, Spülmaschine ausräumen und dann, dann endlich ist es 17:00 und einen gemütlichen Spaziergang machen, nur um zu wissen, das es am nächsten Tag wieder genau dasselbe werden wird
Das kann und darf fordernd sein. Und glauben Sie mir. Sie sind nicht allein. Vielen Eltern hochbegabter Kinder wären mit dem Ansatz Homeschooling eigentlich gut aufgestellt. Wären da nicht noch zusätzliche Herausforderungen wie:
- die eigene Arbeit
- die Aufgabenstellung der Schule / des Schulplans
Eine innovative und ganzheitliche Begabungsförderung wäre aus vielerlei Hinsicht eine erstrebenswerte Methode. Individuell auf Begabungen einzugehen passt aber oft nicht mit dem Lehrplan zusammen. Auf Distanz noch viel weniger.
Wie geht es Euch mit Homeschooling und Co. Schreibt es mir hier gern in die Kommentare oder per Mail.
Herzlichst Sunita
Wie immer, mit einer Prise Humor zu lesen und nicht alle Hochbegabten Kids sind gleich, das mag bei dem einen so aussehen, bei dem anderen schon wieder ganz anders…
Hallo.
Wir kämpfen sehr, v.a. mit der Grundschullektüre, die deutlich unter dem eigentlichen Leseniveau ist, daher eindeutig abgelehnt wird.
Die ständigen seitenlangen Wiederholungen empfindet unser Kind als sinnbefreit (“echt jetzt?! Was soll das denn, habe ich doch gestern erst gemacht.”).
Immerhin, wir kommen mit 1,5 h am Tag aus und es gibt endlos viele lustige Kommentare zu jeder einzelnen Aufgabe, à la Rohrspatz.
Ich persönlich sehe das Homeschooling kritisch, denn wir haben über 2 Jahre für die Integration unseres Kindes in die Klassengemeinschaft gekämpft, mit Lehrern und Psychologen, und nun? Geht das wieder von vorne los? Es steht zu befürchten. An den Tagen mit Klassenvideokonferenz ist meine Tochter, trotz wiederholter Bitte um eine andere Uhrzeit/ Wochentag in der Notbetreuung.
Ich arbeite Teilzeit tageweise , mein Kinder sind teilweise in der Notbetreuung und ich muss mich mit einer Prüfung auch noch weiter beruflich qualifizieren, keine Ahnung wie ich das machen soll.
Und wer denkt: “Toll, wenigstens Notbetreuung!” , dem muss ich erzählen, dass das in unserem Fall eher eine Verwahrung ist. Leider werden die Aufgaben dort nicht kurz korrigiert. Also darf ich nach der Arbeit dann die Aufgaben noch korrigieren und mit meiner Tochter den Tagesplan für den nächsten Tag ausdiskutieren, mit viel Gezeter wird um jedes einzelne Arbeitsblatt gefeilscht.
Ach ja, da war noch etwas… – der Zwerg, mit gleicher Begabung, der beschäftigt werden muss.
So langsam kommen wir ans Ende unserer Kräfte.
Ich wünsche uns und allen anderen die Kraft weiter durchzuhalten, die Kinder am Ball zu halten und auch wir Eltern/ Mütter haben ein Klatschen verdient.
Ein Hoch auf uns.
Liebe Grüße und danke, für die wieder einmal mehr als treffenden Worte.
Danke Dir für Deine Worte und das liebe Feedback. Halte durch! Und ich kann die Kids auch echt verstehen. Nur macht es das nicht immer unbedingt einfacher für uns Mütter (Eltern)… Lieben Gruss. Sunita